Das Konzept Ruhe
Als das Allgemeinkrankenhaus Sandwell die Station 4 renovieren ließ, maß Cundall vor und nach den Bauarbeiten den Geräuschpegel im Gebäude. Vor den Arbeiten bestand die Decke aus unperforierten Metallplatten, ein typisches Merkmal älterer Kliniken.
Decken und Wände waren glatt und hart – und damit für einen hohen Geräuschpegel verantwortlich. Lediglich die Vorhänge zwischen den Stationen und dem gemeinsamen Flur schluckten etwas Schall.
Da der Krankenhausbetrieb während der Bauarbeiten weitgehen musste, durften im Gang lediglich Deckenarbeiten ausgeführt werden. Doch bereits diese Maßnahmen reichten aus, um die Akustik deutlich zu verbessern.
“Der Gang ist leiser geworden, denn der Schall kann sich jetzt nicht mehr ungehindert ausbreiten“, erklärt Andrew Parkin. „Unser Bericht zeigt, dass schon einfache Baumaßnahmen viel erreichen können. Der Aktivitätsgeräuschpegel sank um acht Dezibel, was fast eine Halbierung der wahrgenommenen Lautstärke bedeutet.”
Die alte Schwesternstation wurde durch ein offenes Zimmer ersetzt, damit die Pflegekräfte für die Patienten leichter ansprechbar sind. Trotz der offenen Ausführung verringerte sich der Geräuschpegel.
”In der Schwesternstation unterhalten sich die Mitarbeiter, Telefone klingeln, Alarme piepsen, Mülleimer werden geöffnet und geschlossen. Die meisten dieser Geräusche dauern nur kurz. Sie werden jetzt schon an der Quelle gedämmt. Der Schall wird schneller absorbiert und kann sich nicht mehr so weit ausbreiten.”
Andrew Parkin glaubt, dass die Flurakustik im Gesundheitswesen vernachlässigt wird. Das liegt auch an der Infektionsbekämpfung. „Einige Klinikleitungen verzichten bewusst auf eine wirksame Schallabsorption, weil sie glauben, die Dämmung würde die Infektionsbekämpfung erschweren. Schallabsorption und Infektionsbekämpfung lassen sich aber durchaus kombinieren. Dazu muss einfach nur bei den zuständigen Leuten ein entsprechendes Bewusstsein geschaffen werden.”
„Ruhe als Konzept“, das ist die zentrale Erkenntnis, die Andrew Parkin in dem Bericht findet. Allein der Einbau von Schallabsorbern änderte das gesamte Ambiente: „Das lässt sich nur schwer quantifizieren, zeigt sich aber am besten in den Hintergrundgeräuschen. In resonanten Räumen schaukeln sich die Geräusche hoch und wir sprechen automatisch lauter, um uns verständlich zu machen. In Räumen mit weniger Hall sind wir bewusst oder unbewusst meist leiser. Der Geräuschpegel reduziert sich zwar nur um drei oder vier Dezibel, aber durch unsere Reaktionen fällt die Reduzierung des Gesamtpegels deutlich signifikanter aus.”
Als Beispiel für diesen Effekt nennt Parkin die Essex Study zu Lernumgebungen. „Die Studie zeigt, dass eine bessere Akustik nicht nur rein körperlich wirkt. Der gesamte Raum wird leiser und die Menschen darin sind ruhiger und entspannter.”
Dieser Film erklärt, warum das Umfeld im Sandwell General Hospital jetzt so halb so laut wie zuvor wahrgenommen wird:
Text: Lars Wirtén