Französische Schule setzt neue Massstäbe für Lernräume

Eine zentrale pädagogische Zielsetzung des Gymnasiums der französischen Privatschule Saint-André Sainte-Marie (STAM) ist die Entwicklung und Förderung der Sprach- und Redegewandtheit der Schüler. Als die Schule 2019 errichtet wurde, legte man daher einen starken Fokus auf die Raumakustik und bestmögliche Sprechbedingungen in einer Mischung aus Räumen für Interaktion als auch Konzentration.

Die Privatschule Saint-André Sainte-Marie in der Stadt Saint-André de Cubzac bei Bordeaux hat 1 880 Schüler in 41 Klassen vom Kindergarten bis zur 12. Klasse. Das Gymnasium, in Frankreich Lycée genannt, umfasst drei Stufen mit je zwei Klassen, insgesamt 179 Schüler.

2016 startete die Schule das Projekt zum Bau eines Gymnasiums. Als Reaktion auf den fortlaufenden Wandel von Generationen und Unternehmenserwartungen wurde das Schulkonzept entlang des innovativen und anspruchsvollen Ansatzes der Entrepreneurship definiert. Ein wichtiger Bestandteil dieser Ausrichtung ist Sprach- und Redegewandtheit – und dieser wurde zur Richtschnur für das Schulgebäude.

Das Lernressourcenzentrum ist ein Gemeinschaftsraum für Schüler und Mitarbeiter und dient zum Nachdenken, Lesen, Ausspannen, für Treffen in kleinen Gruppen und zur Informationsrecherche in Medien aller Art.

Die Klassenzimmer sind mit mobilen Möbeln ausgestattet, für variables Lernen und den einfachen Wechsel zwischen Einzel- und Gruppenarbeit.

Eine Mischung aus unterschiedlichen Räumen

Das Gymnasium setzt auf ein neues Konzept für Lernräume. Dabei geht es um eine Mischung aus Versammlungsräumen, offenen Bereichen und Klassenzimmern, die mit mobilen Möbeln und beweglichen Trennwänden ausgestattet sind:

Die ‹Halle der Redekunst›: ein Eingangsbereich von 120 Quadratmetern, der Raum für Empfang, Begrüssung, Austausch und Zusammenarbeit bietet.
Das Lernressourcenzentrum: ein Gemeinschaftsraum für Schüler und Mitarbeiter. Dieser liegt im Herzen der Schule und ist ein Ort zum Verweilen, Arbeiten und für den Wissensaustausch. Die Raumgestaltung ist durch das Activity-based Design für Büroräume inspiriert, Schüler können einzeln, zu zweit oder in Gruppen arbeiten. Der Raum ist insbesondere zum Nachdenken, Lesen, Ausspannen, für Treffen in kleinen Gruppen und zur Informationsrecherche in Medien aller Art konzipiert.
Der Konferenzsaal: 164 Stühle in ansteigenden Sitzreihen und leistungsstarke Projektionstechnik.
Klassenzimmer und Gemeinschaftsbereiche: mit mobilen Möbeln für variables Lernen und den einfachen Wechsel zwischen Einzel- und Gruppenarbeit.
Zwei Schulhöfe: von denen einer begrünt ist, um Abwechslung zu bieten, mit stark wachsenden Bäumen, die für natürliche Beschattung sorgen.

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Je komfortabler für die Schüler, desto ruhiger sind sie auch und desto besser sind sie zu hören. Dieses Projekt kann daher als voller Erfolg gewertet werden.

Wohlbefinden ganz zentral

Zum Beginn des Projekts vor vier Jahren befragte man die Schüler der Sekundärstufe dazu, welche Art von Gymnasium sie sich wünschten.

«Bei allen Antworten ging es um Wohlbefinden», so Isabelle Porcheron, Schulleiterin und Koordinatorin der STAM.

Folglich richtete sich die Zielsetzung des Projekts auf Wohlbefinden und Komfort aus, damit die Schüler gern länger blieben, anstatt beim ersten Klang der Schulglocke sofort davonzulaufen.

«Je komfortabler für die Schüler, desto ruhiger sind sie auch und desto besser sind sie zu hören. Dieses Projekt kann daher als voller Erfolg gewertet werden», erklärt Isabelle Porcheron.

Sie ist mit der ‹Halle der Redekunst› und dem Konferenzsaal besonders zufrieden.

«In der ‹Halle der Redekunst› können junge Menschen zu einem Thema sprechen, das ihnen am Herzen liegt. Die Halle ist wirklich perfekt für diese nicht ganz einfache Übung, öffentlich vor Publikum zu sprechen, geeignet», sagt sie und fügt hinzu:

«Der Konferenzsaal ist wichtig für den Austausch und die Interaktion mit der professionellen Arbeitswelt da draussen. Ich selbst spreche regelmässig im Konferenzsaal. Dort herrscht ein ausgezeichneter Akustikkomfort. Wir haben auch bereits viele Rückmeldungen von professionellen Vortragsrednern erhalten, die es erstaunlich fanden, dass sie gar nicht lauter als in einem normalen Raum sprechen mussten.»

Die ‹Halle der Redekunst› ist ein Eingangsbereich mit einer Fläche von 120 Quadratmetern, der Raum für Empfang, Begrüssung, Austausch und Zusammenarbeit bietet.

Der Konferenzsaal hat 164 Stühle in ansteigenden Sitzreihen und bietet leistungsstarke Projektionstechnik sowie herausragenden Akustikkomfort.

Eher wie ein Büro

Caroline Zaruba ist Inhaberin des Architekturbüros Zaruba Architects, das den Zuschlag für Entwurf und Planung der neuen Schule erhielt.

«Die Zielsetzung war, ein Gebäude zu entwerfen, das nicht wie ein gewöhnliches Gymnasium, sondern eher wie ein kleines Unternehmen daherkommt, wo die Schüler viel unabhängiger im Hinblick auf die Räumlichkeiten und ihre Arbeitsweise sein sollten. Also kreiste das Projekt um das Lernressourcenzentrum, das sowohl ein Durchgangs- als auch Arbeitsbereich ist.»

In diesen flexiblen und teils ausgedehnten Räumlichkeiten eine angemessene Raumakustik zu erreichen, war natürlich eine Herausforderung. Doch die Ambitionen waren hoch. Letztendlich erfüllen Schallabsorber an der Decke sowie hängende Elemente und Wandabsorber die Aufgabe.

«Wir berücksichtigen akustische Überlegungen bei unseren Projekten generell von Anfang an. Uns war bewusst, dass es nicht einfach werden würde, insbesondere im Lernressourcenzentrum, in dem es viele Glasflächen und eine doppelte Ausrichtung gibt. Doch es ist uns gelungen, die richtigen Absorptionslösungen zu finden», so Caroline Zaruba.

Eine Schulmensa für Essen, Pausen und Gespräche

Eine weitere Herausforderung bildete, wie in jeder Schule, die Schulmensa. Hier treten Geräusche durchdringender und unsteter auf, und die Personenzahl pro Quadratmeter kann zeitweilig höher als im Klassenzimmer sein. Bei einer im Januar 2021 durch Opinion Way in französischen Schulen durchgeführten Umfrage befanden sage und schreibe 89 % der Schüler ihre Schulmensa als zu laut.

«Dies ist doch der Ort, an dem wir Pause machen und uns mit Freunden unterhalten sollen, also ist die Raumakustik überaus wichtig», betont Caroline Zaruba.

Das Projektteam scheint in dieser Hinsicht erfolgreiche Arbeit geleistet zu haben. Mensachef Éric Kuhn muss nicht länger schreien, um in der Mensa gehört zu werden.

«Wir sind weniger gestresst, weil es viel weniger Lärm gibt, und bei diesen Bedingungen macht die Arbeit viel mehr Spass. Sogar die Schüler bleiben oft länger als nötig hier und lassen sich Zeit beim Essen», sagt er.

In Mensen treten Geräusche generell durchdringender und unsteter auf, und die Personenzahl pro Quadratmeter kann zeitweilig höher als im Klassenzimmer sein.

 

Noch mehr alarmierende Zahlen

Die Umfrage von Opinion Way ergab noch mehr alarmierende Zahlen:

  • 86 % der Schüler leiden unter Lärm in ihrer Schule.
  • 64% der Schüler haben manchmal Kopfschmerzen aufgrund von Lärm.
  • 45% der Schüler möchten unabhängig von ihrem Sitzplatz ihre Lehrer besser hören können.

Unterrichten macht hier mehr Spass

«Angesichts dieser Zahlen wird mir klar, dass sich Lärm auf die Konzentrationsfähigkeit von Schülern auswirkt», sagt Guillaume Bègue, Lehrer in den Fächern Wirtschaft und Sozialkunde.

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Dank der sehr guten Akustik können die Schüler mich besser hören und verstehen. Mir wiederum macht das Unterrichten mehr Spass, denn ich muss nicht so laut sprechen, um verstanden zu werden.

Im STAM-Gymnasium fühlt er sich beim Unterrichten viel ruhiger und entspannter.

«Ich habe schon an drei anderen Schulen unterrichtet und den Unterschied sofort gemerkt. In den Klassenzimmern hier muss ich mich nicht so doll anstrengen beim Sprechen, um gehört zu werden. Dank der sehr guten Akustik können die Schüler mich besser hören und verstehen. Mir wiederum macht das Unterrichten mehr Spass, denn ich muss nicht so laut sprechen, um verstanden zu werden.»

Auch Léa, Schülerin in einer der Gymnasialklassen, ist zufriedener und bestätigt die Erfahrungen des Lehrers.

«Egal wo ich sitze – ob vorn, hinten oder in der Mitte – ich höre die Stimme der Lehrer perfekt, denn sie müssen nicht länger so laut sprechen.»

 

Text: Lars Wirtén