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Eine angenehme Raumakustik - Wohnqualität für Menschen mit Gedächtnisstörungen

Es wird geschätzt, dass sich die Zahl der Menschen mit Gedächtnisschwäche in den nächsten 30 Jahren fast verdoppeln wird. Eine gute Akustik unterstützt den Alltag und die Unabhängigkeit von Menschen mit Gedächtnisstörungen.

Die SOTERA-Forschungsgruppe des Fachbereichs Architektur der Aalto-Universität sucht gemeinsam mit staatlichen Akteuren, Kommunen und Unternehmen nach neuen Lösungen für die Unterbringung von Menschen mit Gedächtnisschwäche. Das Projekt trägt den Namen MonIA-Projekt (Flexible Housing Solutions for People Suffering of Memory Disorders). Die zentralen Themen des Projekts sind:

  • Wie können die Auswirkungen von Gedächtnisstörungen und des Älterwerdens auf das Gehör bei der Planung berücksichtigt werden?
  • Wie sieht die ideale akustische Umgebung für ein gedächtnisfreundliches und altersgerechtes Wohnen aus?
  • Wie kann die akustische Gestaltung das Wohlbefinden und die Bewältigung des Alltags in gedächtnis- und altersfreundlichen Wohnungen fördern?

Der Hintergrund dieses Projekts sind öffentliche Gesundheit und wirtschaftliche Herausforderungen. In seinem Bericht 2019 schätzt Alzheimer Europe, dass sich die Zahl der Menschen mit Gedächtnisproblemen in Finnland in den nächsten dreißig Jahren fast verdoppeln wird. Im Jahr 2018 gab es in Finnland etwa 96.000 Menschen mit Gedächtnisstörungen, und die Zahl wird bis 2050 schätzungsweise auf 172.000 ansteigen. Ähnliche Zahlen sind auch in vielen anderen Ländern zu verzeichnen.

Ecophon arbeitet aktiv an der Erforschung von Lebens- und Arbeitsumgebungen mit, und da neben anderen Faktoren auch die Akustik ins Visier genommen wurde, interessierte sich Ecophon Finnland sofort für das Projekt, als sie davon erfuhren.

"Wir haben schon früher die Lebensumgebungen von Menschen mit Gedächtnisstörungen untersucht, insbesondere deren Akustiklösungen. Die Akustik hat einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden der Menschen. Im MonIA-Projekt wird dieser Aspekt zusammen mit anderen Lösungen, die das Leben von Menschen mit Gedächtnisschwäche unterstützen, als wichtiger Faktor in den Vordergrund gestellt", erklärt Jyrki Kilpikari, Konzeptentwickler für Gesundheitseinrichtungen bei Ecophon.

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Viele bestehende betreute Wohneinheiten haben große, hallige und laute Ess- und Gemeinschaftsbereiche. Diese Bedingungen können Ängste und Unbehagen auslösen.

Ira Verma, Leitende Wissenschaftlerin

Das Ziel sind gemeinschaftliche, vielfältige und integrative Wohnlösungen

Das MonIA-Projekt wird von der Professorin Laura Arpiainen von der Aalto-Universität geleitet. Ihr Spezialgebiet ist eine Architektur, die Gesundheit und Wohlbefinden fördert. Die leitende Wissenschaftlerin Ira Verma ist seit langem an Projekten im Bereich des betreuten Wohnens beteiligt und fungiert auch als Betreuerin von Viivi Salminen, die ihre Masterarbeit im Rahmen des MonIA-Projekts geschrieben hat.

"In Finnland nimmt die Zahl der Senioren zu, und gleichzeitig verändert sich die nationale Dienstleistungsstruktur, so dass die Entwicklung einer gedächtnis- und altersgerechten Gestaltung noch wichtiger wird. Bei der Unterbringung von Menschen mit diesen Beeinträchtigungen sind die Akustik und die Möglichkeit, die Anzahl der Reize zu regulieren, wichtige Faktoren. Vor allem die Fähigkeiten des Hörens und der Konzentration erfordern eine Reduzierung der Geräuschkulisse", sagt Ira Verma.

Es besteht ein klarer Bedarf an einer funktionalen und bewohnerorientierten Raumplanung

Laut Verma sind neue Wohnlösungen erforderlich, da das Leben mit einer Gedächtnisschwäche in den derzeitigen Einrichtungen eine Herausforderung sein kann.

"Viele bestehende betreute Wohneinheiten haben große, hallige und laute Ess- und Gemeinschaftsbereiche. Diese Bedingungen können Ängste und Beklemmungen auslösen. Die Einrichtungen sollten so konzipiert sein, dass sie je nach Aktivität in kleinere Bereiche unterteilt werden können. Die Möglichkeit, sich von Zeit zu Zeit in die eigene Privatsphäre zurückzuziehen, verringert die Unruhe der Bewohner.

Auch Baumaterialien, wie schallabsorbierende Decken und Wandpaneele, sowie die Innenraumgestaltung können die Geräuschkulisse beeinflussen.

"In vielen Fällen sind die Wohneinheiten älterer Menschen sehr minimalistisch eingerichtet: Teppiche, weiche Sofas, Kissen und Dekorationsgegenstände wurden entweder aus Sicherheits- oder Sauberkeitsgründen entfernt. Diese beeinflussen jedoch die Gemütlichkeit der Räumlichkeiten und die Geräuschkulisse", so Verma.

Help to plan memory-friendly sound environments

Das Hauptziel der Masterarbeit "Acoustic design in memory-friendly living" des Architekten Viivi Salminen war es, auf der Grundlage vorhandener Daten Leitlinien für die Umsetzung einer Raumakustik zu entwickeln, die das Leben und Wohlbefinden von Menschen mit Gedächtnisschwäche unterstützt. Ziel ist es auch, eine stärker am Menschen orientierte Perspektive in die akustische Gestaltung einzubringen. Die Rolle des Lebensumfelds als Teil der Behandlung zu berücksichtigen und die besonderen Merkmale und Bedürfnisse zu identifizieren, um eine gedächtnisfreundliche Umgebung zu entwickeln. Unter einer gedächtnis- und altersfreundlichen Wohnumgebung wird in dieser Arbeit eine barrierefreie, leicht zu bedienende und verständliche Einrichtung verstanden.

"Die Vorgaben und Richtlinien für die Gestaltung von Wohnumgebungen haben Menschen mit Gedächtnisschwäche nicht berücksichtigt. Auf der anderen Seite beschäftigen sich Gestaltungsleitfäden für Einrichtungen für Betroffene nur selten mit der Akustik von Räumen. Der Leitfaden bietet eine Zusammenstellung von Informationen über die Gestaltung der Raumakustik für Menschen mit Gedächtnisschwäche und unterstreicht die Bedeutung der Raumakustik als Teil einer gedächtnisfreundlichen Umgebung. Darüber hinaus bietet er eine gute Grundlage für die praktische Umsetzung, durch die noch effektivere Empfehlungen und Gebäude verändert werden können", so Salminen.

Die akustische Umgebung spielt eine wichtige Rolle bei der Förderung des Wohlbefindens

Salminen zufolge wird die Qualität der akustischen Umgebung durch herkömmliche akustische Messungen ermittelt. Die darauf basierende Planung garantiert jedoch keine angenehme Akustik, insbesondere für Personen mit Gedächtnisproblemen.

"Weniger beachtet wurde die Tatsache, dass eine gute Klangumgebung nicht nur aus der Schalldämmung besteht. Sie hängt auch damit zusammen, wie die Akustik letztendlich empfunden wird. Meiner Meinung nach ist eine optimale Raumakustik für Menschen mit Gedächtnisstörungen barrierefrei, vertraut, sinnesfreundlich und nimmt Rücksicht auf die Funktionen des Raums und seine Bewohner".

Wenn die Klangumgebung von Anfang an in die architektonische Planung einbezogen wird, ist das Endergebnis ein vielseitigeres und harmonischeres Raumerlebnis.

"Die sensorische und akustische Umgebung hat einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden und den Alltag einer Person mit Gedächtnisverlust. Die Akustik spielt eine besonders wichtige Rolle, wenn es darum geht, soziale Situationen zu unterstützen, da es bei Gedächtnisstörungen oft schwierig ist, Gespräche zu verstehen und aufrechtzuerhalten. Studien haben auch ergeben, dass eine gut funktionierende Raumakustik einen Einfluss auf die Lebensqualität von Menschen mit Gedächtnisstörungen hat. Sie verbessert die Qualität des Schlafs und verringert Unruhe, Angst und Verhaltenssymptome. Sie kann den Einsatz von Psychopharmaka verringern und schließlich auch das Stressniveau sowohl der Bewohner als auch des Personals senken", fasst Salminen zusammen.

 

Hauptbild: JD Mason, Unsplash

 


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Das von der Forschungsgruppe für Sozial- und Gesundheitsbauten (SOTERA) der Aalto-Universität geleitete Projekt MonIA hat zum Ziel, neue flexible Wohnlösungen zu erforschen und zu entwerfen, die zwischen dem Wohnen zu Hause und dem erweiterten Betreuten Wohnen liegen. Ziel ist es, gemeinschaftsorientierte, vielfältige und integrative Lösungen zu unterstützen und die soziale Isolation älterer Menschen mit leichter Demenz zu verringern. Neben der Aalto-Universität sind das Umweltministerium, das Housing Finance and Development Center ARA, die Städte Helsinki, Jyväskylä, Pori, Porvoo und Kirkkonummi, HEKA Oy, Yrjö und Hanna Kodit sowie Saint-Gobain Finland Oy / Ecophon an dem Projekt beteiligt.